Panik oder Absicht?
Die Medien und auch die gesetzlichen Kassen
überschlagen sich immer wieder mit Meldungen über die angebliche
Wechselwilligkeit der PKV-Kunden zurück in die "Gesetzliche".
Was ist der Grund?
Der fünftgrößte PKV-Versicherer in Deutschland, die Central
Krankenversicherung, hat die Beiträge zwischen 2011 und 2015 aufgrund diverser
Fehlkalkulationen und anderer, innerbetrieblicher Fehler exorbitant
erhöhen müssen, teilweise bis zu über 60%.
Auch einige wenige andere Versicherer hatten einen hohen
bis sehr hohen Anpassungsbedarf.
Darüber waren die Kunden selbstredend nicht erfreut.
Diese Einzelfälle
werden aber nun zum Anlass genommen, das gesamte System der PKV global
infrage zu stellen.
Auch die GKV ist teuer
Fakt ist, dass die "Gesetzliche" keineswegs von Erhöhungen befreit ist.
In den vergangenen 40 Jahren erfolgte hier eine durchschnittliche
Beitragserhöhung von fast 6,0% p.a. Das mittlere Erhöhungsniveau bei den "Privaten"
lag deutlich darunter!
Außerdem wurden ebenfalls -ständig steigend- die
Beitragsbemessungsgrenze, die Jahresarbeitsentgeltgrenze und der
Beitragssatz massiv erhöht.
Beitragssicherheit im Alter kann die "Gesetzliche" längst nicht
mehr gewährleisten. Auch Rentner zahlen inzwischen auf alle Einkünfte
ihre Beiträge.
Und die PKV wird im Alter doch nicht (zu) teuer...
Das Gerücht, die "Private" würde im Alter viel zu teuer, stimmt auch
längst nicht mehr. Seit dem Jahr 2000 werden sogar zusätzlich zwangsweise Rückstellungen
gebildet, die ausschließlich der Stabilität ab dem 65. Lebensjahr
dienen. Da die PKV -im Gegensatz zur GKV- für die Kunden Kapital bildet,
ist hier ebenfalls eine viel höhere Alterssicherheit gegeben.
Nicht zuletzt liegt auch das gesamte Beitragsniveau unter dem der
Gesetzlichen, bei mindestens gleichen, meist jedoch besseren Leistungen.
Jeder Kunde hat außerdem die Möglichkeit, in leistungsschwächere Tarife
zu wechseln, wenn er Geld sparen möchte. Dabei wird, wie eben erwähnt,
das Leistungsniveau der Gesetzlichen nicht unterschritten und die
bereits über Jahre/Jahrzehnte angesparten Rückstellungen wird vollkommen
angerechnet, was zu einer weiteren Senkung des Beitrags führt.
... sondern sogar günstiger!?
Bei einem langjährig PKV-Versicherten kann durch ein Tarifwechsel schon
eine hohe Ersparnis herbeigeführt werden. Richtig wenig zahlt er dann,
wenn er die Voraussetzungen des Standard- bzw. Basistarifs erfüllt. Dann
allerdings befindet er sich tatsächlich endgültig auf dem Leistungsniveau der
Gesetzlichen, jedoch bei geringerem Beitrag.
Früher = heute?
Nur noch für geringverdienende Großfamilien stellt sich die Gesetzliche als
die bessere Lösung dar. Ob das allerdings gerecht ist und sich mit dem
so hoch gelobten Solidargedanken noch vereinbaren lässt, bleibt sehr
fraglich.
Vor über 100 Jahren war dieser Ansatz sehr gut. Die
unbestritten vorhandene demographische Negativ-Entwicklung lässt aber
das althergebrachte Solidarsystem aus leicht nachvollziehbaren Gründen
gar nicht mehr zu. Damit hatten und haben alle Gesundheitsreformen zu
kämpfen, die dieses unzeitgemäße System unbedingt weiter aufrecht
erhalten wollen: es ist so nicht mehr finanzierbar!
Um dies der
Bevölkerung nicht in Form von noch mehr Erhöhungen "schmackhaft" zu
machen, wurden in den letzten Jahrzehnten die Leistungen kontinuierlich
und teilweise drastisch gesenkt.
Gleichzeitig stieg jedoch die Zahl der gesetzlichen Kassen auf
zeitweilig weit über 300, einhergehend mit einer beamtenähnlichen
Versorgung der Mitarbeiter und mehrköpfigen Vorständen, von denen jeder
Jahreseinkünfte im sechstelligen Bereich hatte bzw. noch immer hat. Und
über die Daseinsberechtigung der Kassenärztlichen Vereinigungen wird
auch heftig gestritten, wie auch über die Nichtnotwendigkeit des
unsäglichen Gesundheitsfonds.
Aktuell (2016) gibt es "nur" noch rund 120 gesetzliche Kassen, aber auch
das sind immer noch 119 zu viel!
Privat Versicherte leben länger?
Ja, auch das ist statistisch erwiesen. "Gesetzlich versicherte Rentner
in Deutschland sterben in der Regel deutlich früher als Altersgenossen,
die sich eine private Krankenversicherung leisten können. Sie haben ein
um etwa ein Drittel höheres Sterberisiko bei gleichem Alter." (Eva
Kibele, Demografin in Rostock, Quelle:
hier).
Rund 10% der bundesdeutschen Bevölkerung sind privat voll versichert.
Und jede/r vierte Bundesbürger hat eine private Zusatzversicherung.
Es ist kaum vorstellbar, dass die sich alle geirrt haben sollen...
Gesetzlich - das einzig Wahre?
Zugegeben, das ganze Thema ist wesentlich komplexer und kann hier nicht
allumfassend dargestellt werden. Wenn aber bestimmte Politiker und Parteien
die "Gesetzliche" als die alleinige Heilsbringerin darstellen, handelt
man nicht nur grob fahrlässig sondern schon vorsätzlich falsch. Und
Vorsatz wird (im Strafrecht) immer bestraft.
.. oder doch "Privat"?
Genauso wenig ist die "Private" die ultima ratio, denn auch sie hat
zweifelsohne Systemfehler. Solange aber beide Systeme parallel vorhanden
sind, ist und bleibt die PKV für die, die sie in Anspruch nehmen können
aus heutiger Sicht die richtige Lösung.
Abschaffung der Privaten?
Eine komplette Abschaffung der PKV, was von einigen Politikern gefordert
wird, hätte den sofortigen Zusammenbruch des Gesundheitssystems zur
Folge, weil die PKV bisher ein wirtschaftlich ausgleichendes und
notwendiges Regulativ ist. Nahezu alle Mediziner in Deutschland stellen
gerne etwa die sog. "IGEL"-Leistungen ("Individuelle
Gesundheitsleistungen") in Rechnung. Medizinisch
meist nicht notwendige, teilweise äußerst fragwürdige, aber sehr lukrative Maßnahmen, die
in gar keinem Fall
von der Gesetzlichen bezahlt werden.
Dabei darf man auch nicht übersehen, dass Deutschland eines der wenigen
Länder weltweit ist, das einen extrem hohen medizinischen
Leistungsstandard bietet, bei gesetzlich wie auch privat Versicherten.
Vollständig nutzen können es aber nur die privat Versicherten!
Was hat es mit der
2-Klassengesellschaft auf sich?
Die gab es, die gibt es und es wird sie
immer geben, solange Menschen unterschiedlich hohe Einkommen haben!
War arm ist, kann sich heutzutage auch die angeblich so günstige
"Gesetzliche" nicht mehr leisten. Zahlt man die Beiträge nicht (weil das
Familieneinkommen sehr niedrig ist), wird man bestraft und ist nur noch
in Notfällen versichert. In Grundleistungen, selbstverständlich.
Bei einem halbwegs guten Einkommen reicht die "Gesetzliche" solange, wie
man nicht ernsthaft krank wird und keine Zusatzleistungen
(private Zusatzversicherung) versichert sind.
Bei hohem Einkommen leistet sich jeder Mensch entweder hochwertige
Zusatzversicherungen oder er geht gleich in die "Private".
Was geschieht, wenn die PKV tatsächlich abgeschafft werden sollte?
Nichts!
Diejenigen, die Geld haben und vermehrt dann auch die, die weniger Geld
haben, werden wegen der dann einheitlichen, minimalistischen
Kassenleistungen auf Zusatzprodukte zurückgreifen (müssen).
Dann haben wir nicht nur eine 2-Klassengesellschaft, sondern eine
Vielklassengesellschaft, zumindest aus krankenversicherungstechnischer
Sichtweise.
Wer das will, kann gerne die entsprechenden politischen Parteien wählen.
Er/sie darf sich dann aber nicht wundern, wenn (neben vielen anderen
Dingen) die Krankenversicherung trotzdem immer teurer wird.
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